Die Ankündigung einer Demonstration gegen die Corona-Schutzmaßnahmen erregt momentan viel Aufsehen, Unverständnis und Verärgerung in unserer Stadt, die eigentlich für ihre offene, besonnene Art und ihren bürgerlichen Gemeinsinn bekannt ist.
Dies resultiert unter anderem aus der Tatsache, dass der Veranstalter dieser Demonstration angekündigt hat, diese ohne Mund-Nasen-Bedeckungen für die Teilnehmer durchführen zu wollen. Das Herborner Ordnungsamt
hat bereits klargestellt, dass auf eine Maskenpflicht bestanden wird, allerdings ist anhand von Erfahrungen aus anderen deutschen Städten damit zu rechnen, dass dies im Zweifel nicht eingehalten werden wird.
Die COVID-19-Pandemie hat unsere Gesellschaft vor bislang ungekannte Herausforderungen gestellt und stellt uns nach wie vor auf eine harte Belastungsprobe. Die wirtschaftlichen Auswirkungen auf viele Berufsbranchen sind katastrophal und sorgen verständlicherweise für Unmut, den man im Sinne unseres Grundgesetzes auch mit Recht kundtun darf und soll.
Unabhängig davon haben wir mit Entsetzen zur Kenntnis genommen, welche geistige Haltung sich offenbar hinter der für kommenden Montag angekündigten Demonstration gegen die Corona-Schutzmaßnahmen verbirgt.
Ein Werbebild zu dieser Veranstaltung, welches sich aktuell über die sozialen Netzwerke verbreitet, arbeitet mit bewussten Anspielungen auf nationalsozialistische Symbolik und möchte damit die aktuelle Situation
und die notwendigen Schutzmaßnahmen zur Eindämmung der COVID-19-Pandemie in direkten Bezug zu den Verbrechen des Nationalsozialismus setzen.
Wir, die Parteien, Wählergruppen und Fraktionen in der Herborner Stadtverordnetenversammlung stellen uns entschieden und geschlossen gegen die menschenfeindliche, geschichtsvergessene und in letzter Konsequenz auch unverantwortliche geistige Haltung, die dieser Demonstration offenbar zugrunde liegt. Das Demonstrationsrecht
und die Meinungsfreiheit sind elementare Grundpfeiler des Grundgesetzes und damit der freiheitlich-demokratischen Grundordnung, der wir uns alle in unserer Gesellschaft verpflichten und die um jeden Preis erhalten werden muss. Wir dürfen aber nicht zulassen, dass diese als Deckmantel für verfassungsfeindliche Ideologien missbraucht werden, die unser gesellschaftliches Zusammenleben in Gefahr bringen.
Die Freiheit eines jeden Einzelnen hört dort auf, wo sie die Freiheit eines anderen beeinträchtigt.
Dieser Grundsatz ist vor dem Hintergrund der aktuellen pandemischen Entwicklung von besonderer Bedeutung. Eine öffentliche Demonstration ohne Mund-Nasen-Bedeckungen ist aus unserer Sicht unverantwortlich und bringt Menschen unnötig in Gefahr.
Aufgrund der aktuellen Situation bitten wir alle Bürgerinnen und Bürger, auf die Veranstaltung von Gegendemonstrationen zu verzichten.
Gemeinsam finden wir andere Wege, unsere Meinung kundzutun und den oftmals beschworenen Herborner Gemeinsinn aktiv zu repräsentieren.
Lassen wir es nicht zu, dass dieses Gedankengut unsere Stadt und unsere Gesellschaft spaltet.
Im Namen der Herborner Parteien/Wählergruppen und Fraktionen:
Jörg Michael Müller, MdL (Stadtverordnetenvorsteher)
Für die CDU: Lukas Philipp Winkler (Vorsitzender); Raffael A. Fruscio (Fraktionsvorsitzender)
Für die SPD: Ramin Behnam (Vorsitzender); Jörg Menger (Fraktionsvorsitzender)
Für die FWG: Birgit Nickel (Vorsitzende); Klaus Enenkel (Fraktionsvorsitzender)
Für die Grünen: Thea Garotti (Vorsitzende/Fraktionsvorsitzende), Alexander Ulmer (Vorsitzender)
Für die SGH: Kurt Meinl (Vorsitzender); Frank Deworetzki (Fraktionsvorsitzender)
Für die FDP: Marcel Becker (Vorsitzender); Klaus Dietrich (Fraktionsvorsitzender)